3.E EINE SPONSOREN- ORGANISATION, DIE MITGLIEDER DER LGBTQ-GEMEINDE IN KANADA WILLKOMMEN HEISST
Ort: Ottawa, Ontario
Name der Sponsoring-Gruppe: Capital Rainbow Refuge
Art der Sponsoring-Gruppe: Constituent Group eines Sponsorship Agreement Holders
Anzahl der Sponsoren in der Gruppe: Approximately 20
Sponsoring seit: 2010
Beschreibung der Sponsoring-Gruppe: Vorwiegend Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft in Ottawa, einschließlich Berufstätige mit Qualifikation, Anwälte und Studenten der Rechtswissenschaften.
Anzahl der gesponserten Flüchtlinge: Etwa 20
Website: http://www.capitalrainbow.ca/
Interviewpartner: Lisa Hébert

Sponsor-Interview
Haben Sie jemanden gesponsert, den Sie kennen (z. B. Freund, Familie) oder jemanden, den Sie vorher noch nicht kannten?
Viele der Einzelpersonen, Paare und Familien, die wir sponsern, werden uns von NGOs oder Partnern im Ausland vorgeschlagen. Wir werden auch direkt von Menschen der LGBTQ-Gemeinde angesprochen, die auf der Flucht sind und Hilfe benötigen. Kein Sponsoring begann auf Grund familiärer kanadischer Beziehungen.
Der Großteil unserer Sponsoring-Projekte erfolgt durch den genannten Privat-Sponsoring-Prozess. Einige sind auch als Flüchtlinge im Rahmen des Programms BVOR (Blended Visa Office-Referred) oder über Regierungsprogramme gekommen. Wir haben Beratungsgruppen für sie organisiert. Bei den genannten privaten Sponsoring-Projekten lernen wir die Flüchtlinge zunächst in ausführlichen Skype-Sitzungen kennen, um ihre Bewerbung vorzubereiten. Dann verbindet sich die Gruppe mit ihnen zusätzlich über soziale Medien. Wir werden für sie lebenswichtig und die Beziehung wird ziemlich schnell sehr eng.
Wie arbeiten Sponsoren von gefährdeten Gruppen mit Regierungen zusammen?
Die meisten unserer Sponsoring-Projekte werden durch das Programm Rainbow Resettlement Assistance (Rainbow RAP) durchgeführt. Wir sind stolz darauf, dass wir als erste Gruppe in Kanada 2011 im Rahmen des Rainbow RAP ein lesbisches Paar aus Südostasien sponsern konnten.
Was ist das Programm Rainbow Resettlement Assistance?
Rainbow RAP bietet Startkapital in Form einer Pauschale für die Ansiedlung und drei Monate Einkommensunterstützung für gesponserte Flüchtlinge. Es ermutigt Gruppen, sich für Sponsoring-Projekte zu engagieren, da die finanziellen Verpflichtungen weniger belastend sind. Das Programm erfordert, dass wir uns über einen Sponsoring Agreement Holder (SAH) bewerben, hat aber keinen Einfluss auf die Quotenregelung des SAH. Mit anderen Worten, die Kapazität des SAH, andere Fälle zu sponsern, wird nicht reduziert. Das Programm Rainbow RAP ermöglicht es uns, von jeder Migrationsstelle aus zu sponsern, was sehr hilfreich ist, da LGBTQ-Flüchtlinge nicht aus den gleichen Kriegsgebieten stammen, wo andere Flüchtlinge herkommen. Rainbow RAP stellt auch Mobiliar und Bettwäsche für den Anfang zur Verfügung, was sehr geschätzt wird.
Wie unterscheidet sich das Sponsoring von LGBTQ-Flüchtlingen vom Sponsoring von Nicht-LGBTQ-Flüchtlingen?
LGBTQ-Flüchtlinge sind potenziell mehr Verfolgungen ausgesetzt: Durch den Staat, militarisierte Gruppen oder Banden, das soziale Umfeld und ihre eigene Familie. Wenn sie fliehen müssen, sind sie oft großen Risiken ausgesetzt, weil in den einzigen Länder, wohin sie fliehen können, auch Gesetze der Verfolgung existieren. Sie können sich auch nicht auf Unterstützung innerhalb ihrer eigenen ethnischen Gemeinschaften verlassen, da diese ihnen auch schaden könnten.
Aufgrund der enormen Gefahren und des Leids, von dem wir durch die von uns gesponserte Gemeinschaft erfahren, haben wir schärfere Vertraulichkeitsregeln eingeführt. Wir identifizieren die Neuankömmlinge nicht nach Ländern, sondern überlassen dies ihnen selbst. Für Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, ist die Definition der eigenen Identität der Beginn von Handlungsfähigkeit. Wir schlagen im ersten Jahr ihrer Ankunft auch keine Interviews mit Medien oder öffentliche Redeverpflichtungen vor.
Viele sagen uns bei der Ankunft, dass sie sich nur ungern mit ihrer eigenen Diaspora auseinandersetzen. Wir empfehlen, dass die erste Unterkunft von einem Gruppenmitglied gestellt wird. Dies ist dann die ideale Gelegenheit für die Gruppe, sich intensiv mit der Einweisung und Ansiedlung zu beschäftigen. Die vorübergehende Unterkunft steht zwischen sechs Wochen bis zu sechs Monaten zur Verfügung. Wir lernen die Menschen kennen, wenn wir uns mit ihnen über das Sponsoring-Vorhaben austauschen, und die Beziehungen, die wir knüpfen, können sehr eng werden. Viele bezeichnen uns schnell als ihre „Familie“. Obwohl dies nicht von uns ausgeht, müssen wir uns sehr engagieren, damit wir diesem Vertrauen gerecht werden können.
Wie unterstützt die Gemeinschaft das Sponsoring von LGBTQ-Flüchtlingen
Capital Rainbow Refuge hat für neue Gruppen vier Workshops entwickelt, von denen jeder Workshop 2-3 Stunden dauert. Wir beginnen mit dem Ansiedlungsplan, sprechen über alles, was mit der Ansiedlung zu tun hat und über Herausforderungen wie die Bewältigung von Erwartungen, Ethik und Machtungleichheit. Wir arbeiten nicht mit Gruppen, bevor deren Mitglieder nicht an unseren vier Workshops teilgenommen haben und darlegen, dass sie eine Sponsoring-Patenschaft bewältigen können.
Selbst für in Kanada geborene sexuelle Minderheiten kann es schwieriger sein, akzeptiert zu werden, und Diskriminierung besteht weiterhin. Es kann einige Zeit dauern, bis eine homosexuelle Person sich mit ihrer eigenen Identität auseinandergesetzt und die Kraft entwickelt hat, um Situationen zu meistern, die nicht immer einfach sind. Daher ist es vorteilhaft, dass Rainbow RAP Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft mit Neuankömmlingen, die zu sexuellen Minderheiten gehören, zusammenbringen und diese unterstützen kann. Es ist wichtig, dass sie nicht alleine sind, wenn sie versuchen, sich ein neues Leben in unserem Land aufzubauen.
Unsere Gruppen haben viel Erfahrung, wie das Leben in unserem Land zu organisieren ist und verfügen über reichhaltiges Wissen, das sie teilen können. Wir halten es für wichtig, dass eine Gruppe über die richtigen Ressourcen verfügt, um den Neuankömmling zu unterstützen. So sollte zum Beispiel ein Transgender-Newcomer von einer Gruppe mit Transgender-Erfahrung unterstützt werden. Jemand mit HIV sollte in einer Gruppe unterkommen, wo Spezialwissen zu diesem Thema vorhanden ist. Wir sind stolz auf die Fortschritte, die einige
gemacht haben. Um bei dem HIV-Beispiel zu bleiben, unsere Gruppen konnten Menschen helfen, die dachten, ihr Leben sei vorbei, die dann aber wieder gesund wurden und sich vorstellen konnten, an einer anderen Todesursache zu sterben.
Wie war die Ankunft und wie waren die ersten Wochen der Flüchtlinge?
Die Rolltreppe am Flughafen herunterzufahren und von einer Gruppe begrüßt zu werden, die sich verpflichtet hat, dich zu unterstützen, ist eine magische Erfahrung sowohl für die Neuankömmlinge als auch für die Gruppenmitglieder. Die ersten Wochen bestehen aus gemeinschaftlichen Ereignissen, bei denen Beziehungen geknüpft werden. Die Neuankömmlinge werden auch schnell in ihre neue Gemeinschaft eingeführt, bei der Beschaffung von Ausweisen unterstützt, für die Schule registriert, in der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel geschult, und so wird mit der Neuansiedlung begonnen!
Wie beurteilen Sie den Zugang zur Unterstützung bei der Ansiedlung in Ihrer Gemeinschaft?
Wir haben einige Dienste in Anspruch genommen wie Sprachschulen, Kurse zur Vorbereitung auf den Arbeitsplatz, Steuerfragen, Informationen über die Regierungsbehörden, Anerkennung von Bildungsnachweisen und Stellenanzeigen. Psychologische Beratung ist auch sehr wertvoll, obwohl die Finanzierung für solche Dienste problematisch war. Die Ansiedlungsbehörden bieten oft keinerlei Dienstleistungen an, die für unsere spezielle Gemeinschaft in Frage kommt, aber es wird hart daran gearbeitet, offener für solche Gruppen zu werden.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Sponsoring-Erfahrung am besten?
Es ist unglaublich befriedigend, Menschen dabei helfen zu können, sich ein neues Leben aufzubauen. Ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist für alle Beteiligten erhebend. Diese Hoffnung und der Zukunftsglaube sind ein unglaubliches Geschenk für die Mitglieder der Sponsorengruppe, das unserem eigenen Leben einen neuen Sinn und Inhalt gibt. Es bedeutet viel, Teil einer Gemeinschaft von Menschen zu sein, die durch Liebe und Fürsorge miteinander verbunden sind.
Wie geht es den von Ihnen gesponserten Flüchtlingen heute?
Wir sind stolz, sagen zu können, dass sie alle in der Schule sind oder einer Arbeit nachgehen. Es gibt zweifellos Herausforderungen bei der Anerkennung von Berufen oder dabei, das Leben in einer anderen Sprache auf die kanadische Wirklichkeit zu übertragen. Es gibt Höhen und Tiefen. Einige leiden unter posttraumatischem Stress, der dem Erlernen unserer Sprache im Weg steht. Unter dem Strich geht es jedoch im neuen Leben voran und sie blühen immer mehr auf.
Unsere Gruppe hat vor Kurzem bei einer Zeugnisverleihung an einer Weiterbildungsinstitution (Adult High School) teilgenommen. Es war, als würde unsere ganze Gruppe ihren Abschluss machen. Wir haben alle mitgefiebert als unser Absolvent seine Auszeichnung für einen hohen Notendurchschnitt erhielt und nun einer vielversprechenden Zukunft an der Universität entgegensieht. Als ein Mann seine Beförderung auf der Arbeit erhielt oder eine Frau ihren ersten Job fand, fühlten wir das Glücksgefühl über diese Meilensteine und Errungenschaften mit. Wir sind sehr glücklich, an diesem Programm teilnehmen zu können, mit dem wir mit gefährdeten Neuankömmlingen zusammenarbeiten können. Einige unserer Gruppenmitglieder ziehen ihre Motivation daraus, mit ihrem Engagement ein Menschenleben retten zu können. Innerhalb des Prozesses erkennen sie dann, dass ihr eigenes Leben dabei auch gerettet wurde.